1. Reisebericht von Kerstin und Andreas Drescher mit Bildern
Wir waren von 1.-10. März in Sri Lanka um persönlich sicherzustellen, dass sowohl die gespendeten Hilfsgüter (Kleidung, Schuhe, Spielzeug, Hygieneartikel, Werkzeuge, Nahrungsmittel, Rollstuhl, Krücken, Hörgeräte) als auch die Spendengelder (Stand 15.4.2005 ca. 29.000 €) direkt, ohne Umwege und mit dem geringst möglichen Nebenkosten (Transport, Gebühren, usw.) bei der von dem Tsunami betroffenen Bevölkerung ankommt.
Die Ausmaße der Katastrophe sind verheerend, nur wer es live vor Ort gesehen hat kann sich ein wirkliches Bild davon machen und eine zielgerichtete Nutzung der Spenden erreichen.
Dies zu realisieren hat sich als sehr schwierig erwiesen. Die Regierung hat grundsätzlich kein Interesse an erfolgreichen privaten Initiativen und unterstützt diese nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Einheimische (z.B. auch die so genannten Beach Boys) Geschäfte mit dem Elend der armen vom Tsunami betroffenen Bevölkerung machen und sich in die eigene Tasche wirtschaften. Überhaupt kann man Bargeld nicht ohne weiteres aus der Hand geben, da mit großer Wahrscheinlichkeit Missbrauch damit betrieben wird. Die steigende Zahl von „Tsunami Motorrädern“ sind ein Indiz dafür.
Unser Container mit Hilfsgütern
Es hat 3,5 Tage gedauert bis wir endlich die Freigabe des Containers und die Genehmigung zur Verteilung der Hilfsgüter erlangt haben. Wir haben 3 Tage bis nach Mitternacht im Hafen verbracht und es ist unbeschreiblich mit welchen Schikanen der Behörden wir konfrontiert worden sind. Wir sind aufgefordert worden über 3000 € Zoll für die Güter zu zahlen, was wir unseren Geldspendern und unserem Gewissen gegenüber natürlich nicht verantworten konnten und abgelehnt haben. Nur über einen Umweg über „Social Services“, unzählige Extraschleifen, eine starke Unterstützung unserer einheimischen Freunde und einem starken Durchhaltevermögen haben wir es dann doch geschafft den Container ohne Zoll aus dem Hafen zu bekommen. Ohne „Handgeld“ („es liegt alles in deiner Hand“) war es leider nicht möglich. Das sind ganz einfach natürliche ungeschriebene Gesetze in diesem Land die schlicht und ergreifend nicht zu umgehen sind. Durch unsere Freunde konnten wir die Beträge aber im Rahmen halten und es war auf jeden Fall deutlich günstiger als Zoll zu zahlen (Details in der Ausgabenaufstellung). Ich war in meinem ganzen Leben noch nicht so frustriert wie am 3.3.05, habe aber zum Glück nicht aufgegeben, und wir sind dann gegen Mitternacht mit dem Container aus dem Hafen gefahren. Am 4.3. haben wir dann noch einmal einen halben Tag gebraucht um bei den Behörden von Kalutare die endgültige Genehmigung zur Verteilung zu bekommen. Uns ist mehrfach bestätigt worden, dass wir als einzige unseren Container in dieser „kurzen Zeit“ aus dem Hafen bekommen haben. Weitere 150 standen noch bei unserer Abreise am 10.3. im Hafen. In den riesigen Lagerhallen im Hafen haben wir tonnenweise Wasser und Reis gesehen, wann wird all das wohl die Leute erreichen? Wir haben (fast) alle Details in unserem Tagebuch festgehalten und in Bild und Film dokumentiert, sonst würde es wahrscheinlich niemand glauben.
Unsere Anstrengungen wurden aber bei unserer Verteilungsveranstaltung mehr als belohnt. Als wir von 2 Kindern, die uns Blumenketten umgelegt haben, und über 2000 armen Menschen und Kindern am 5.3. mit Jubel und Applaus an einem Strandabschnitt empfangen wurden waren die 3,5 Tage Dauerstress vergessen. So etwas haben wir noch nie erleben dürfen, wir waren zutiefst gerührt. Wir haben 1200 Päckchen, die in einer Nachtaktion unserer Freunde noch einmal „familiengerecht“ konfektioniert wurden, sowie zusätzlich Schuhe, Hygieneartikel, Spielzeug, insbesondere Kuscheltiere, und Süssigkeiten verteilt. Besonders rührend waren die vielen Babys und Kinder, die sich über die Spielsachen und Süßigkeiten riesig gefreut haben. Wir sind von ca. 40 Einheimischen und der Polizei (Präsident ist ein guter Freund unseres Freundes) stark unterstützt worden, so dass die Veranstaltung glatt und ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne gegangen ist. Nur Menschen mit einem so genannten „Tsunami Pass“ haben Päckchen bekommen. Das ist von der Polizei genauestens kontrolliert worden und jeder Pass hat einen Stempel bekommen.
Für die meisten Betroffenen waren es die ersten Stempel im Pass! Unsere Freunde hatten ein ca. 5 m langes Banner mit dem Aufdruck „Wir für Menschen, we for people, a German privat initiative to help the people of Sri Lanka“, unserem Logo sowie der Landesflagge von Sri Lanka und Deutschland drucken lassen. Es wurde in 3 Zeitungen berichtet (mit Bildern), darunter die Financial Times Sri Lanka.
Unterm Strich war es auf jeden Fall richtig, dass wir uns nicht den Behörden ergeben haben, sondern ohne Kompromisse unser Ziel durchgesetzt haben der betroffenen Bevölkerung direkt und schnell zu helfen. Die Freude und das Lachen der Menschen war eine unglaubliche Belohnung.
Unsere Spendengelder
„Wir bringen unsere Spendengelder direkt zu den betroffenen Leuten damit sie sich das anschaffen können was sie wirklich dringend brauchen“ ist leichter gesagt als getan. In bestimmten Küstenabschnitten ist soviel zerstört und es herrscht soviel Chaos, dass man gar nicht weiß wo man anfangen soll. Eine strukturierte Zusammenarbeit mit den Behörden ist nicht möglich. Bargeld kann man nicht aus der Hand geben. Was also tun?Wir haben uns für 4 Ansätze entschieden:
- Ein Hauptprojekt mit dem Schwerpunkt Kinder (Waisenhaus, Schule, …)
- Unterstützung beim Aufbau/Reparatur von Häusern
- Hilfe zur Selbsthilfe bei Handwerker Familien
- Spontane Soforthilfe bei Schulen und Waisenhäusern
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Nächste Schritte
Mit dem Aufbau/Reparatur der ausgesuchten Häuser ist bereits begonnen worden. Die detaillierten Kostenaufstellungen bekommen wir von Sanjeewa und werden sie von Herrn Wolf prüfen lassen. Bezüglich des Waisenhauses sind wir permanent in Kontakt mit der Fam. Wolf um die Voraussetzungen zum Baubeginn zu schaffen. Dies wird sich noch bis Ende April hinziehen. Wir müßen an dieser Stelle gründlich arbeiten und können es nicht übers Knie brechen. Parallel suchen wir schon Paten für die Kinder um den Betrieb zu gewährleisten und haben bereits 18 Zusagen. Wenn alles gut läuft rechnen wir mit dem Baubeginn im Sommer 2005.
Wir planen im August unseren Familienurlaub in Sri Lanka. Zum einen können wir uns wieder von dem dann aktuellen Stand der Dinge persönlich überzeugen, zum anderen helfen wir mit dem Urlaub automatisch. So paradox es klingt, aber Touristen braucht das Land im Moment ganz dringend und das Preis- Leistungsverhältnis dürfte kaum zu schlagen sein. Wir werden wieder einiges zu tun haben: Überwachung und Weiterführung aller Projekte, Besuch des Waisenhauses und der Schule in Wadduwa, Besuch des Polizeipräsidenten, „Bürgermeisters“ und Mönches von Wadduwa, uvm.
Zum Schluß möchten wir uns noch einmal ganz besonders bei unseren einheimischen Freunden Sanjeewa, Tharanga, Ruwan, Chanaka, Niranjan, Mahesh, Thilak und Madura, sowie bei Anne und Alfred Wolf bedanken. Ohne ihre Mithilfe und ihren unermüdlichen Einsatz hätten wir keine Chance gehabt unsere Unternehmung erfolgreich zu machen. Wir freuen uns schon jetzt auf ein Wiedersehen im August.
Florstadt, 15. April 2005
Kerstin Drescher Andreas Drescher
Anmerkung:
Flug, Hotel und alle Essen mit einheimischem Team haben wir selbstverständlich privat bezahlt. Das Spendenkonto wird überwacht von der Gemeinde Florstadt (Frau Nolte), der Sparkasse Wetterau (Herr Helfrich) und einem Steuerberater (Herr Winkler). Die detaillierte Ausgabenaufstellung kann von jedem Interessierten eingesehen werden.
Folgende Dokumente stehen zur Verfügung:
- Tagebuch (52 Seiten)
- Ausgabenaufstellung im Detail
- Projektberichte
- Projektbeschreibung Waisenhaus